1834 – 1912
Weil du mich hast mit deiner
Hand berühret,
Du Gott des Lebens, der mich
ließ gesunden,
Des Fiebers Erzband mir vom
Haupt gewunden,
Und in die schöne Welt mich
rückgeführet, -
So will ich dir den Dank, der dir
gebühret,
Auszahlen reich in allen
künftigen Stunden; -
Ich hab, als ich in Ohnmacht
lag gebunden,
Des Schaffens Drang wie nie
zuvor gespüret.
Ich weiß nun: aller Müßiggang
ist Tod,
Das straffgespannte Wirken nur
ist Leben,
Des Menschen ärgste Sünde heißt
Erschlaffen.
Ich will des Lebens Schätze
goldigrot
Aus jeder flüchtigen Sekunde
heben,
Als sollt’ ins Grab mich schon
die nächste raffen.
1834 – 1912
Dem Manne wohl, der maßvoll
ist und klar,
Dem nicht die Leidenschaft das
ehrne Band
Schwer und betäubend um die
Stirne wand,
Ein dumpfer Knecht zu sein auf
immerdar.
Dem Weibe wohl, das, aller
Härten bar,
In sanfter Seele das Geheimnis
fand
Zu wandeln unter linder,
leiser Hand
In holden Lenz, was Sturm und Winter
war.
Gezähmten Gluten Manneskraft
sei gleich,
Die alles, was da schön und
gut, bereiten,
Und ringsum Licht, doch
nirgend Brand verbreiten.
Die Frau sei wie die Abendröte
weich,
Die alles, mag es dunkel
widerstreiten,
Versöhnend zieht in ihren Glanzbereich.
1834 – 1912
Laß nicht zu weit von deinem
Pilgerpfade
Dich abziehn bunter Freuden
Blütenranken,
Die lockend links und rechts
am Wege schwanken: -
Dein Ziel ist fern: - drum sei
dein Gang gerade,
Schon mancher, daß ihn nicht
vergebens lade
Die rote Heckenrose an den
Planken,
Sprang, sie zu fah’n, mit
lustigen Gedanken –
und fand sich nie zurück zu
seinem Pfade. –
Doch also gnädig ist des
Himmels Gnade,
Daß manchem, welcher
fortschritt ohne Wanken,
Damit die Tugend nicht am
Glück ihm schade,
Die lieblichsten, die
allerschönsten Ranken
Von selbst erwuchsen mitten
auf dem Pfade: -
Die freilich pflücke dann mit
frohem Danken.
1834 – 1912
Es messe sich mit mir kein
Weib auf Erden!
Nicht, weil in meinen Schos
aus allen Zonen
Von meines Gatten
Sieges-Galeonen
Juwelen sonder Zahl geschüttet
werden: -
Nicht, weil die kleinste
meiner Huldgebärden
Lebt in der Sänger glühenden
Kanzonen:
Nicht, weil ich darf, San
Marcos Hausfrau, wohnen
Beim Flügel-Leu und bei
Lysippos Pferden:
Nicht weil mir, rührt mein Fuß
den Saum des Strandes,
Das Meer als seiner Kön’gin
huld’gend leis
Aufrauschend küßt die Schleppe
des Gewandes, -
Nein, weil den besten Mann des
Abendlandes,
Weil Dandolo ich ganz mein
eigen weißß, -
Heisch’ ich von allen Frau’n
den Siegespreis.
1834 – 1912
Du hast zum Gott dir den
Verstand erkoren.
Den kalten Götzen, der des
Lebens bar:
Damit gewannst du
Kleinigkeiten zwar,
Doch hast du drum das
Köstlichste verloren.
Mag deine Klugheit herrschen
über Thoren,
Magst du entgehn manch
schmerzlicher Gefahr:
Verwirkt hast du damit auf
immerdar
Den holden Reiz, der mit dem
Weib geboren.
Du hast verwirkt den
Frühlingshauch, den süßen,
Der sanft vor Frauen unsre
Seelen beuget
Gleichwie der Abendwind ein
Ährenfeld.
Es floh’n die Grazien aus
deiner Welt:
Dir fehlt, wirft alle Lust
sich dir zu Füßen,
Der heil’ge Schmerz, der
höchste Wonne zeuget.
1834 – 1912
I.
Ich hatte, stolzer Weisheit
hingegeben,
Vertieft in des Gedankens
Einsamkeit,
Entsagt dem Wechselspiel von
Lust und Leid:
Nicht Glück, nicht Freude
sucht’ ich mehr im Leben.
Da zogst du mich – es half
kein Widerstreben –
Zurück zum Wunsch nach so viel
Lieblichkeit,
Zurück ins Reich der leicht
beschwingten Zeit: -
In Furcht und Hoffnung muß ich
wieder beben.
Ich lebte stolz, mein eigen
und geborgen:-
Und ach: nun fühl’ ich meine
Seele sorgen,
Daß nicht ein Haar vom schönen
Haupt dir fällt.
Und doch dank’ ich dem Himmel
jeden Morgen:
Die Hoffnung schon, die jetzt
die Brust mir schwellt,
Auch unerfüllt, wiegt auf die
ganze Welt
II.
Du hast mein Herz mit süßem
Gift vergiftet,
Das so gesund und fröhlich
einst gedichtet,
Hast Freiheit mir und Friede
ganz vernichtet: -
O welches Unheil hast du
angestiftet!
Auf schwanker Sturmflut des
Verlangens triftet
Der irre Geist, sonst fest
aufs Ziel gerichtet; -
Ihr Hoffnungen, wie seid ihr
sturm-gelichtet,
Die ihr dereinst so reichen
Zuges schifftet! –
Ich brüte vor mich hin in
tiefem Denken:
Doch nicht das Große sinn’ ich
und das Wahre,
Ich suche nicht mehr, was ich
sonst ergründet: -
Die Augen schließend, mich in
dich zu senken,
Sinn’ ich nur nach, wie
glänzend deine Haare,
Und wie vollendet sich dein
Nacken ründet!
III.
O sage nur, wie hast du’s
angegangen,
Daß du so ganz mich hast an
dich gebunden?
Das andre Leben ist mir all’
entschwunden,
An dir allein muß meine Seele
hangen.
Zu denken an den Schimmer
deiner Wangen
Und wie sich reizend deine Formen
runden
Ist nun der Inhalt aller
meiner Stunden,
Und all mein Denken ist nur –
dich verlangen!
Jedoch vergeblich klag’ ich
meine Klagen!
Du glaubst, daß die erfüllte
Lieb’ ersticke,
Und kennst die Kunst, durch
Stolz die Glut zu steigern.
Dein Zauber ist beständiges
Versagen:
Du nährst den Brand durch
deine kalten Blicke,
Und fesselst durch ein ewiges
– Verweigern!
1834 – 1912
Wohl jedem, dem der Götter
Gunst, die blinde,
Das Glück zum steten Weggenoß
gegeben:
Bekränzt und lächelnd
schreitet er durchs Leben,
Sieg ohne Kampf sein holdes
Angebinde.
Doch mir behagt, wer fährt mit
jedem Winde:
Wer, mögen Flut und Sterne
widerstreben,
Die kraft weiß mit der Not so
hoch zu heben,
Daß er den Haß der Götter
überwinde.
Heil! wen ein Gott mit
Zauberwaffen ehrte,
Vor denen muß der beste Feind
erliegen: -
Doch neid’ ich nicht, wer
solchen Lorbeer fand.
Mein sei der Ruhm, mit
ungefeitem Schwerte
Zu kämpfen und, ist also nicht
zu siegen,
Zu fallen mutig, wo ich mutig
stand.
1834 – 1912
Der milde Lenz ist segnend
eingezogen, -
Der holdeste von Gottes
Huldgedanken:
Er wölbt den Dom der Gnaden
sonder Schranken,
Unendlich weit, am blauen
Himmelsbogen.
Nun geht mein Herz in hohen Liebeswogen,
Es drängt mich opfernd einem
Gott du danken,
Und frommer als je
Priesterkniee sanken,
Hat Andacht heut dies stolze
Haupt gebogen.
Verströmen wollt’ ich meines
Lebens Fluten,
Könnt’ einen ew’gen Frühling
ich hienieden
Erkaufen und den Menschen –
ew’gen Frieden.
Doch ach! nur Einem war das
Los beschieden,
Aus Liebe für die Welt am
Kreuz zu bluten,
Zum Lohn, daß er der Beste war
der Guten.
1834 – 1912
Die Lieb’ ist gleich der
wunderschönen Rose:
Wo sie erblüht, ist sie die
zweite nimmer,
Den Blick besticht die Form,
der Farbe Schimmer,
Das Herz berauscht des süßen
Dufts Narkose.
Die Freundschaft gleicht dem
Stern, die wechsellose:
Zwar kälter, ärmer ist ihr
keuscher Flimmer,
Doch schaut sie keinen Herbst:
- sie blühet immer
und ihren Reiz zerstört kein
Sturmgetose.
Wer in des Sommers
sonnenhellen Tagen
Durch blühn’de Rosenhaine
fröhlich schreitet,
Mag wenig nach den sanften
Sternen fragen.
Doch in der Winternacht wer
einsam reitet,
Weiß immer Dank genug dem
Licht zu sagen,
Das ihn so treu und segenvoll
geleitet.
1834 – 1912
Bald wirst du nun, vielholdes
Weib, mein eigen:
Zu seinem Rechte kommt mein
heißes Sehnen.
Im Kuß ersticken deine letzten
Thränen,
Und deine Strenge wird ein
schämig Schweigen.
Doch stets will ich dich schau’n
in Myrthenzweigen!
Durchs ganze Leben soll die
Scheu sich dehnen,
Stets will ich noch als
werbender mich wähnen
Und ehrfurchtsvoll wie vor der
Braut mich neigen.
Denn allem Rechte dienet nur
der Leib,
Beherrschen läßt sich nur das
Reich der Sinne,
Dem freien Herzen gelten nicht
Befehle.
Ich aber will das ganze süße
Weib,
Den tiefsten Honigseim im
Kelch der Minne
Und den geheimsten Wohllaut
deiner Seele!